So prachtvoll sich dem Fremden die Vielfalt der Natur Ecuadors präsentiert. So faszinierend sie mit ihren Angeboten zwischen tropischem Regenwald und Hochanden brilliert, so krass sind auch die sozialen Gegensätze, die den gesellschaftlichen Alltag in dem kleinen südamerikanischen Land prägen. Besonders in Städten wie der Metropole Quito, die ob ihrer historischen Stadtviertel und ihrem überwältigenden Panorama von vielen als schönste Hauptstadt Südamerikas bezeichnet wird, herrscht unter grossen Teilen der Bevölkerung bittere Armut.
Die Unterschiede zwischen Arm und Reich sind unvorstellbar. Die Weissen stellen nur ein Prozent der Bevölkerung, besetzen jedoch die Spitzenposten in Politik und Wirtschaft. Viele der Mestizen und Indianer fallen durch das löchrige soziale Netz. Traditionelle Familienbindungen auf dem Land zerfallen in der Stadt. Die Arbeitslosigkeit ist gross und selbst wer in den unteren Bevölkerungsschichten Arbeit hat, verdient kaum das Nötigste zum Überleben.
Auf allen Plätzen der Hauptstadt Quito stehen Jungs mit ihren Schuhputzkästen. So zwischen zehn und 14 Jahren mögen sie alt sein. Ihr Handwerk verstehen sie. Die Schuhe blitzen wie neu. Für ein paar Pfennige mehr stellen sie sich dem Fotografen als Modell. Ein Lächeln für den Fremden haben sie immer übrig, obwohl jeder Tourist aus Europa für sie das Sinnbild des Millionärs darstellt. Nicht selten sind diese aufgeweckten Burschen die einzigen Verdiener einer grossen Familie. An vielen Strassenecken warten Lastenträger auf Aufträge. Mit Tragebändern über den Kopf sind schwerste Lasten kein Problem.
Die oft ausgemergelten Gestalten sind zäh und den Kampf ums tägliche Überleben gewohnt. Vor den Kirchen findet man die Menschen, die auf der untersten Stufe der gesellschaftlichen Leiter angekommen sind. Junge Frauen mit ihren kleinen Kindern, alte, gebrechliche Greisinnen oder verkrüppelte Menschen. Alle halten Sie ihre Hand oder eine kleine Blechbüchse hin, immer in der Hoffnung, dass das Erbettelte für die nächsten Stunden zum Überleben reicht.