Italienreisende kommen nur schwer daran vorbei, also diejenigen wenigstens, die mit dem Auto über den Brenner in den sonnigen Süden fahren. Gemeint ist das Eissacktal (Sterzing, Brixen). Schade, dass die meisten FahrerInnen Gas geben sobald die Passhöhe des Brenners erreicht ist. Da bleibt dann nur der eine oder andere schnelle Blick auf vorbei fliegende Landschaften.
So wie die Autobahnviadukte ein wahrer Segen für den Durchreisenden sind, so ist ihr Bau für die Menschen unter dem Viadukt alles andere als segensreich. Eines der schönsten Alpenhaupttäler wurde praktisch zugebaut. Wer die sehenswerten Seiten des Eisacktals mit erkunden will, der muss der Autobahn bald möglichst den Rücken kehren und den Weg über die alte Fernstrasse auf der Talsohle wählen. Erstaunlich, wie vielfältig die Architektur der kleinen Gemeinden bis heute geblieben ist, wieviele alte Burg- und Festungsbauten noch erhalten sind. Die Landschaft des Tals, das durch die drei bekannten Städte Sterzing, Brixen und Bozen flankiert wird, ändert sich in Richtung Süden ständig.
Zeigen sich die Berge am Oberlauf der Eisack noch schroff, abweisend und kühl, wird es in Richtung Bozen immer lieblicher. Italienisches Flair jedoch, wie von Goethe nach der Brennerüberquerung versprochen, zeigt sich frühestens in der Südtiroler Hauptstadt Bozen. Bis dahin und natürlich auch in den zahlreichen Seitentälern der Eisack dominieren bis heute die deutsche Sprache, deutsches Brauchtum und deutsche Geschichte. Das mediterrane Klima macht sich aber bereits bemerkbar, denn südlich des Alpenhauptkammes scheint die Sonne schon ein Stückchen stärker vom Himmel, und auch ein bisschen mehr aus den Herzen der Einheimischen.