Die wirtschaftliche Stärke Madagaskars ist nicht der Rede wert und sein Gewicht als Gewürzlieferant ist abhängig von der aktuellen Weltmarktsituation. Die Teeplantagen, die von einer britischen Firma betrieben werden, sorgen zwar für ein paar Devisen, doch der Wein Madagaskars, der seit einigen Jahren angebaut wird, ist noch immer etwas für starke Gemüter und also nur im Inland zu haben. Trotzdem ist die Insel reich. Reich an unberührter schöner Natur und reich an Menschen, die unabhängig von ihrer Armut stolz und selbstbewusst auf den Fremden zugehen. Der grösste Reichtum des Landes sind aber seine Kinder. Als fremder Gast mit weisser Hautfarbe (Vahiny) kann man kaum einen Schritt gehen, ohne nicht, wie der berühmte Rattenfänger von Hameln, mindestens ein halbes Dutzend Kinder im Schlepptau zu haben.
Sieht man von Auswüchsen der Kleinkriminalität der Strassenkinder in den Städten ab, sind die kleinen Bewohner der Insel freundlich und nett. Und ganz im Gegensatz zu anderen Ländern, sind sie hier nicht aufdringlich. Es wird nicht jedes Lachen in die Kamera mit der hingehaltenen offenen Hand beendet. Natürlich müssen viele Kinder auf dem Land in harter Arbeit auf den Feldern zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Manche Kinder verkaufen auch selbstgebasteltes Spielzeug aus Holz und Draht oder Produkte von den Feldern der Familie.
Doch schon die Kleinen besitzen ein gutes Stück der Zurückhaltung und Würde, die für Madagaskars Menschen, egal welcher Bevölkerungsgruppe sie angehören so typisch ist. Und natürlich sind die Kleinen dem Fremden in vielen Dingen weit voraus. Sie kennen all die Fadys, das dichte System von Gesetzen und Verboten, mit dem die madagassische Religion den Alltag regelt. Dieses System birgt für den Vahiny zahlreiche Fallstricke und es ist gar nicht schlecht, wenn einheimische Begleiter, und seien es Kinder, vor so manchem Fehler warnen. Selbst mit der unbewussten Verletzung eines Fadys kann ein Fremder eine ganze Familie ins finanzielle Unglück stürzen.